Horst Schwickerath

Liebe Leserinnen und Leser,


Mit der Ihnen vorliegenden Ausgabe geht das neunzehnte Jahr des AJ zu Ende, sprich wir treten in das zwanzigste Jahr hinein!
Wir bemühen uns um ein pünktliches Erscheinen, darauf legen wir viel Wert.
Zuverlässigkeit ist und soll ein wichtiges Attribut sein und bleiben.
Zuverlässigkeit wird im Duden mit Anstand, Anständigkeit, Aufrichtigkeit, Beständigkeit, Ehrlichkeit, Fairness, Geradheit etc. definiert. Eigenschaften die leider immer mehr in der Wertigkeit verlieren. Denn die Gesellschaftsstrukturen unterliegen in allen Ländern einem merklichen Wandel. Ein Wandel der den gesamten Lebensraum der Menschen umkrempelt.
In Japan geht es scheinbar mittlerweile so weit, dass man befürchtet, dass die Rasse bedroht ist. Bedroht nicht durch einen äußeren Feind, sondern durch eine schleichende Unlust. Eine Unlust, die sich in einer extremen „Kinderlosigkeit“ niederschlägt. Trotz der medialen Sexualisierung der Lebenswelt scheint den Mensch die Lust auf Sex zu vergehen.
Sigmund Freud hielt Sexualität und Kultur für unverträglich. 1912 schrieb er, „Die Liebe sei im Grunde heute ebenso animalisch, wie sie es schon immer gewesen sei.“ Verzicht, Leiden, Sublimierung, so weiß man, entsteht Kultur – Die Sublimierung bringt uns Kultur und sorgt gleichzeitig für das Auslöschen des Menschengeschlechts – wie es Sigmund Freud hervorsagte.
Im japanischen Alltag sind bereits starke Veränderungen nicht nur angekommen, sondern übernommen worden – laut Statistiken soll die durchschnittliche sexuelle Aktivität stark rückgängig sein. Die Zahl der Geburten sinkt kontinuierlich von Jahr zu Jahr – in den letzten Jahren wurden Tausende Schulen geschlossen.
Nach Gründen für ihre sexuelle Tätigkeit befragt, geben Japaner häufig an, sie seien überarbeitet und hätten keine Zeit dafür. Wahrhaftig aber fliehen sie in die Arbeit, statt in die Arme der Lust oder in die Nähe zum Nächsten. Für viele Männer soll Lust, trinken in Männerrunden und das Einwerfen von Münzen in lärmende Maschinen in den  Pachinko-Hallen, bedeuten.
Die Sinnlichkeit ist wegen Ängsten vor sexueller Belästigung verpönt, ganz aus der Arbeitswelt verbannt worden sei sie. Jeder kann sich vorstellen, wie sich die typisch japanische Selbstbeherrschung und die gesellschaftlichen Verbote, zu einer umgekehrten Überreaktion führen – dazu muss man nicht den Namen Sigmund tragen.
Der Begriff Familienplanung scheint hier in nuce eher zur Ausrottung der Familie beizutragen.
Es gilt zu hoffen, dass das Problem in Angriff genommen wird – vielleicht durch „Wiedereinführung der Sinnlichkeit“ per Gesetz oder dem Ausbremsen des Kulturstrebens. Die 1868 „verordnete Modernisierung“ trägt sicherlich ihren Anteil an dieser negativen Entwicklung, denn der Boden auf dem sie gedeihen sollte, war ein unvorbereiteter und unfruchtbarer Boden in der japanischen Kollektivgesellschaft.
Das Ziel soll keine Rückkehr zum Schwert schwingendem Samurai sein, sondern eine Nutzung des vorhandenen Potentials. Menschlichkeit ohne Starrheit, der Kenntnis von Literatur – die Gefühle zulässt, Musik und Kunst (es muss ja nicht gleich die sogenannte moderne Musik sein :-) die Gefühle ausdrücken.


Auch wir müssen Veränderungen vornehmen und unser Potential nutzen, denn die Interviews, die in den Datei-Ordnern schlummern, und Ihnen vorgestellt werden sollten, müssen weiter dort ausharren … aber aufgeschoben ist ja schließlich nicht aufgehoben.

The same procedure like the last time: Die Web-Seiten gedeihen!
Es kann nicht mehr lange dauern, auch wenn dann weiter im Hintergrund gearbeitet werden muss – denn die alte Version der Datenbank – s. O. … neunzehn Jahre AJ ... – ist nicht mehr kompatibel mit der neuen Version – in der Computerwelt tat sich einiges …


Wir hoffen, dass Sie trotz der Wetterkapriolen gestärkt in die zweite Jahreshälfte eintauchen und ihre Ukemis runder laufen, als gewisse europäische Krisenmanagements, die vor den Wahlen medial das Blaue vom Himmel loben.



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