Unternehmensberater sind die besseren Psychologen – der »kleine« Unterschied
Management ist Menschenkunde. Menschlichkeit im Umgang mit Verhandlungspartnern oder Untergebenen zahlt sich aus, verbessert Abschlüsse, Umsätze und den Arbeitseifer der Mitarbeiter. Ein wachsender Zweig der Unternehmensberatung widmet sich diesem Trend zu mehr Humanität in den Chefetagen. Die Vertreter dieser Branche sind den Psychologen, Verhaltens- und Kommunikationsforschern durchaus ebenbürtig. Und nicht nur die Manager, auch simple Durchschnittsbürger können viel von ihnen lernen.
Etwa über das, trotz des deutsch-französischen Schulterschlusses gegen den Irak-Krieg, immer noch schwierige Verhältnis beider Nationen, das die Unternehmensberater Jochen Peter Breuer und Pierre de Bartha im Buch »Deutsch-französische Geschäftsbeziehungen erfolgreich managen« abhandeln.
Wenn es mit der Verständigung bei überwundener Sprachbarriere nicht klappt, liege das daran, dass wir es mit einem typischen »Eltern-Kind-Konflikt« zu tun hätten. Meinen die Verfasser. Sie stellen fest, »dass wir auf der französischen Seite tendenziell ‘Kind-Ich’-Werte finden und auf der deutschen Seite eher ‘Eltern-Ich’-Werte«. Diese Erkenntnis fusst auf Ergebnissen der Transaktionsanalyse, derzufolge alle Menschen auf drei Ich-Ebenen denken, reagieren, kommunizieren: dem »Kind-Ich«, dem »Erwachsenen-Ich« und dem »Eltern-Ich«. Zwar hätten, so lernen wir, Menschen die »drei Ichs« in sich, aber unterschiedlich stark und zu verschiedenen Zeiten. »Deutsche werden erst nach Feierabend zu Kindern.«
Die unterschiedliche Ich-Haftigkeit zeitigt grosse Unterschiede in den Business-Kulturen:
So bedeutet Erfolg für den Deutschen, etwas Nützliches getan und angemessene Rentabilität erzielt zu haben. Der Franzose fühlt sich dagegen erfolgreich, wenn er Originelles geschaffen und Rivalen ein Bein gestellt hat. Franzosen machen verrückte Ideen Spass, unberechenbar zu sein, als Genie zu gelten, während der Deutsche seinen Spass hat, wenn ihm nützliche Ideen kommen, er als zuverlässig gilt und als Fachmann anerkannt wird.
Das macht plausibel, warum bei Verhandlungen zwischen französischen und deutschen Geschäftspartnern immer einiges schief läuft. Weil es zugeht wie in der Durchschnittsfamilie. Die Franzosen (Kinder) nehmen es mit der Pünktlichkeit nicht genau, reden ungefragt dazwischen, laufen herum und lachen, wenn ihnen danach ist.
Die Deutschen (Eltern) verlangen nach Ruhe im Konferenzraum, ärgern sich über Ungezogenheit, meckern – und schon ist der Abschluss geplatzt (der häusliche Frieden dahin). Das ist unschön – und im Geschäftsbereich teuer. Eine eintägige Besprechung von vier Führungskräften kostet mit allem Drum und Dran ca. 14000 Euro.
Fazit der Buchautoren: »Behandelt die Franzosen nicht wie die Kinder!« Und was deutsche Traditionalisten von Breuer/de Bartha lernen können, liegt auch auf der Hand: Behandelt eure Kinder nicht wie die Franzosen!