Mir kann so etwas nicht passieren, ich öffne nie eine übers Internet rein­gekommene EXE-Datei (Executable) und sei sie noch so klein (gerade dann sind sie gefährlich:-)... . Dann kann dir nichts passieren.

    Mitten rein in die Abonnementsrechnungsschreiberei und Hektik kam dann eine E-mail, von Jenny – was will denn die Jenny mir da er­klären?? Welche Probleme hat sie mit Micros(chr)oft(t)... und schon war der Virenwarner AKTIV. Und bereits war es zu spät. Was, wie sichern, damit der Bursche nicht mitläuft... .

    Der Weisheit letzter Schluss: »Format C:« und nun wieder alles neu in­stallieren, und das ohne den Webmaster Jean-Pierre, der nun fernab im Darmstadt sitzt... . Mannomann – Scheibenkleister... . Oder so ähn­lich.

    ...den Sinn einer Virus- oder Wurmproduktion kann man genau so wenig verstehen, wie die immer noch herrschende »Geheimwirtschaft« in fast allen Staaten dieser »Menschen-Erde« – genau das ist wohl der Reiz für diese »kranken« Menschen?!

    Es ist fraglich, unter welchem Aspekt man die mittlerweile geführten »Cyber-Kriege« im Internet einordnen soll. Auf der einen Seite hinterliessen amerikanische Hacker im Sommer 2000 ihre Spuren auf chinesischen Websites und plazierten unter anderem die  Menschen­rechtsdeklarationen – worauf die Gegenseite, vielleicht auch chi­ne­sische Sympatisanten in Amerika ihrerseits auf die Homepage der US-Navy gingen und rumwüteten. Dann wiederum setzt China den 1i0n-Wurm ein – Lion, Gründer der Hackergruppe H.U.C. (Honkers Union of China) bekannte sich dazu. Ein Wurm der auch die Linux-Betriebssysteme infiziert. Die amerikanischen Hackerangriffe auf chinesische Websites eskalieren. Darauf folgen mehrere chinesische DDOS-Attacken (Distri­buted Dial of Service – etwa: gestreute Dienstverweigerung), das Inter­net wird so mit Datenmüll überschwemmt. Und, warum eigentlich, man wird es nie mit Sicherheit wissen, man wird auch die effektiven Urheber nie genau kennen, es ist wie beim Spiel der Doppelagenten, am Schluss weiss niemand mehr, wer für wen wegen was – für oder dagegen – spio­niert. Dies ist eigentlich nur eine Nebenfrage, die Frage nach dem wirklichen, effektiven Urheber. Nun, allgemein nimmt man an, dass dies alles wegen der Spiona­geflugzeugaffäre hat geschehen können. Schrei­ben wir wirklich 2001 bzw. 4699, nach chinesischer Zeitrechung?

    Mannigfaltig sind die »Krankheitsbilder« si­cher­lich, mit solchen At­tacken soll immer nur das Gleiche erreicht werden. Ob nun mit Flug­zeugen Türme attaktiert, Briefe mit – vielleicht?! – töd­lichen Pülverchen verschickt (man denke an die vie­len »Spassvögel«, die doch nur einen Witz ma­chen wollten, nach dem Motto, ohhh tut mir leid...) oder Würmer infiltriert werden, das Ziel dürfte das gleiche sein, wenn auch nicht mit der gleichen Wirkung: Beängstigen, Schaden zufü­gen. Schaden, der unter Umständen eben tödlich sein kann, selbst wenn der Urheber selber drauf geht, das ist dann die Steigerung des Wahn­sinns.

    Scheinbar wunschgemäss »über«reagieren Geschädigte und potentiell Geschädigte. Wie gross ist die Gefahr, dass man von einer solchen Katastrophe selber betroffen wird, wie oft trifft sie ein? »Der Einzelfall« löst eine Kettenreaktion weiterer Ängste aus. Die Medien steuern ihren nicht unerheblichen Teil bei, indem sie poten­tiellen Tätern in den Tages-Nachrichten die besten Hinweise geben, wo sie was »noch an­rich­ten« können, wie z.B. Angriffe auf die Was­ser­versorgungsnetze und Luftschächte...

    Nur nebenbei, nach den Anschlägen auf die USA sprachen die Medien schon bald, 2-3 Tage danach, von der grossen Gefahr durch biolo­gi­sche bzw chemische Waffen. Zu diesem Zeitpunkt waren Briefumschläge mit Milzbrand noch kein Thema. Das folgte auf die Verbreitung  möglicher Szenarien und ihren Folgen durch TV, Radio und Printmedien. 

    Wie können wir uns schützen? Nun, einer­seits können die Ängste selbst uns schützen, wenn wir z.B. unser Verhalten ändern. Angst kann Leben retten. Was aber geschieht, wenn sie ausser Kon­trol­le gerät. Die Menschen, die heute Antibiotika hamstern, Anthrax- und Pocken­schutz­imp­fungen erwägen oder sich Gasmasken kaufen, sind noch vor ein paar Wochen in kein Flugzeug mehr ge­stiegen und haben Hochhäuser gemieden. Zuvor sind sie vielleicht zur »rind­fleischlosen Ernäh­rung« übergegangen, haben darauf bestanden, dass Nachbars Dogge ein­geschläfert und der Kin­der­garten holzschutz­mittelfrei saniert wurde oder haben ihren Wohnsitz an einen Ort, 200 Kilo­meter weg vom nächsten Kernkraftwerk ver­legt.

    Gleichzeitig aber fahren sie täglich mit dem Au­to, rauchen, stehen beim Fensterputzen auf dem Küchenstuhl, gehen »höhengeil« auf Hoch­ge­birgs­touren, am besten ohne Sauerstoff, by the way, auf den Himalaya, snöben im Eil­tempo über Gletscher, fliegen Gleitschirm oder las­sen sich per Fallschirm auf den Boden schau­keln, die Liste ist endlos...

    Der Umgang des Menschen mit seinen Ängs­­ten und Lebensrisiken erscheint hochgradig irra­tional. Letzthin höre ich: Je weniger real und kon­­kret die Situation für den Betroffenen ist, um­­so grösser ist die Angst, die sie auslöst.
 
    Ein Psychologe hat dieses gestörte Furcht­em­pfinden einmal als »die Angst des Rauchers vor dem Schlangenbiss« bezeichnet und damit das Pa­radoxon der menschlichen Natur auf den Punkt gebracht.

    Bei der Einschätzung eines Risikos spielen we­­­der Wahrscheinlichkeit noch tatsächliche Ge­fähr­lichkeit eine Rolle. Vielmehr greifen ganz an­de­re Kategorien: Risiken, denen man täglich be­gegnet und von denen man meint, sie kon­­­trol­lieren zu kön­nen, werden grundsätzlich un­terschätzt; Ge­fahren, deren Ursachen wir nicht ken­nen oder auf die wir keinen Einfluss haben, wer­den über­be­wertet.

    Besonders fatal ist – das ergab unter anderem eine schwedische Studie – die Verharmlosung der tatsächlichen Gefahr beim Autofahren. Autofahrer sind Opfer der Vorstellung, eine Situa­tion be­herr­schen zu können. Weil wir uns ein­bilden, ja über­zeugt sind: »Ich fah­re vorsichtig. Mein Verhalten ist doch immer richtig.«
    Umgekehrt spielt bei der Über­be­wer­­tung einer Katastrophe ihr tat­säch­liches Aus­mass keineswegs immer eine Rolle. So las ich letzthin: »Weltweit gibt es z.B. 88 BSE-Tote. Das sind zufällig genauso vie­le wie jährlich durch das Trinken von 'Lampenöl' umkommen«; ihm fallen fast ausschliesslich ungenügend beaufsich­tig­­te Kleinkinder zum Opfer, was si­cher­lich ohne grossen Aufwand ver­hindert werden könnte. Am grössten ist die Kluft in der Be­wer­tung von allgemeiner Ge­fahr und per­­­sönlicher Bedrohung dann, wenn es um Krankheiten geht.

    Warum Menschen so wenig zwischen tatsächlicher und vermeintlicher Gefahr   unter­scheiden, ist nach wie vor ein Rät­sel. »Die Gesellschaft ist schuld«, lau­tet eine oft wiederholte These. Eine staat­liche Ordnung, die alles regle­men­tiert, den Einzelnen überver­sorgt, über­ver­­­sichert und überbehütet, ist gefragt?!?
 
    Die subjektive Risikowahr­neh­mung geht auf allgemeine »urmenschliche« Ver­­haltensweisen zurück. Menschen rea­gieren auf Gefahr immer nach dem gleichen Muster: entweder mit Flucht­verha­lten oder mit Apathie oder aber mit »Angriff«, also mit irgendeiner Aktion. Ob das entsprechende Verhalten dann als »vernünftig« erscheint, ist zweit­ran­gig.

    Nun, ein Patentrezept gibt es nicht, doch dürften mir die Aikidokas zu­stim­men, dass sich solche Ängste durchaus abbauen lassen. Die vielen Statements, ich denke an Vilmos (s. Seite 15), be­weisen es. Es ist eine Frage des Willens, eine Frage der Wahl, welchen Weg es zu beschreiten gibt und auf jeden Fall kommt keine EXE-Datei auf die Idee, auf den Tatamis rumzumachen.

    Übrigens: ab dem 1.1.02 tritt der Aikidojournal-Verlag neu als GmbH (SARL, franz.) auf, ab Februar erscheint das franz. Aikidojournal (4x pro Jahr).

    Und apropos: Ich wünsche Euch allen von Herzen schöne Festtage und danke für Eure Treue. Bis zum nächsten Jahr.

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