Stefan Stenudd aus Stockholm

Während eines Seminars in Pilsen fand dieses Interview statt


Stefan Stenudd währen unseres Vorgespräches in Pilsen

Seit wann kommst du schon nach Pilsen?

Es dürfen jetzt schon 25 Jahre sein. Ich kam 1991 in die Tschechei, doch anfangs nicht nach Pilsen, sondern nach Prag und Brno. Prag wurde schnell zu einem regelmäßigem Ereignis. Bald kam Pilsen dazu, weil es dort ein großes Dojo gab und gutes Bier und ein gutes Organisationsteam. Und der Rest ist Geschichte. Meist war das dann ein jährliches, einwöchiges Sommer-Seminar. Ich hielt diese etwas längere Lehrgangsdauer für sinnvoll, weil es in der Tschechischen Republik gerade los ging mit Aikido. Damals gab es ein ernsthaftes Problem mit der tschechischen Währung, weil diese im Vergleich mit anderen Währungen praktisch nichts wert war. Aber es war wichtig, dass die Leute hier längere Lehrgänge mit erfahrenen Leuten hatten, also kam ich kostenlos, damit sich die Leute das Training leisten konnten. Genaugenommen hat mein Dojo die Reisekosten übernommen, was sehr nett war. Ich schätze diese langen Seminare, weil man wirklich in einen Trainingsrythmus kommt: Training, Essen, Training, Essen, Schlafen, Training. Ich mag diesen geschlossenen Kreislauf.

Wann hast du das allererste Mal vom Aikido gehört?

Ich erinnere mich sehr gut daran. Ich habe davon von einem Freund gehört. Wir lebten im gleichen Vorort. Ich war siebzehn und er achtzehn oder neunzehn und damit taffer als ich. Eines Tages bekam ich mit, dass er schon einige Zeit diese obskure, japanischen Kampfkunst trainierte. Und das Erste was ich mich fragte war: Warum gab er nicht ständig damit an? Warum sagte er nicht ständig: „Ich bin ein Super-Aikido-Meister!“? Ich musste ihm alles aus der Nase ziehen. Das hat mich schwer beeindruckt. Wir waren schließlich Teenager, warum um Himmels Willen hat er nicht damit angegeben? Ich forderte ihn auf mir was zu zeigen und er machte eine Technik: Ai-hanmi katate-tori Nikyo. Ich fiel zu Boden, zu Hause bei mir in der Küche. Ich versuchte mich durch den Boden zu kratzen, um irgendwie noch tiefer zu kommen. Es tat höllisch weh, doch gleichzeitig dachte ich: „Wow! Magie!“ Ich war überzeugt. Ich wusste, dass ich Aikido lernen musste. Ich hatte Glück, in meinem Vorort gab es ein Dojo; eines der wenigen in Schweden zu der Zeit. Man konnte als Anfänger aber nur einmal im Jahr eintreten. Das war 1971. Ich musste also bis zum September des nächsten Jahres 1972 warten. Aber ich schaute bei allen Übungsstunden zu, auch in anderen Stockholmer Dojos. Es wurde zu einem Dojo-Witz, ich war das „aktivste passive Mitglied“ (lacht). So habe ich angefangen. Als er den Nikyo bei mir gemacht hat, wurde mir auf einen Schlag bewußt, dass dies meine Zukunft sein könnte. Jetzt habe ich fast mein ganzes Leben damit verbracht, zumindest einen großen Teil meines Lebens. Ich spürte es im Moment des Nikyo. Das bedeutet mir sehr viel. Ich wurde geradezu fanatisch.

Wer war dein erster Lehrer?

Mein erster Lehrer im Järfälla-dojo war Allan Wahlberg. Er hatte den ersten Dan, was damals extrem viel war. Das Training war sehr gut und intensiv. Es gab einige sehr fähige Leute im Dojo. Es war ein fantastischer Start. Ich liebte auch das Training bei Ichimura, bei dem ich nach einem halben Jahr trainieren durfte, das war Anfang 1973. Natürlich kannte er mich schon vom Zuschauen. Ich habe mich gleich wie zu Hause gefühlt. Ich bin ihm nachgereist. Er unterrichtete in mehreren Dojos in Stockholm und ich und einige andere im Dojo sind ihm immer gefolgt. Im meinem Dojo war er jeden Freitagabend.

Du hattest anfangs gesagt, dass für alle Kosten deiner Reise hierher, dein eigenes Dojo aufkam ...

Ja, um 1991 in die tschechische Republik zu kommen. Das ging ein oder zwei Jahre so, denn anders ging es nicht. Anfangs sind wir mit dem Zug angereist, aber das war mir dann zu anstrengend. Die Tschechen hätten damals niemals die Reisekosten übernehmen können.  Sie konnten mir aber das Bier bezahlen, denn dafür brauchte man schließlich tschechisches Geld. Alles andere war einfach nicht realistisch. Das war eine kleine Veranstaltung, die aber schnell größer wurde. Dies lag größtenteils an den Bemühungen von Daniel Vaillant, einem Franzosen, der im Herbst 1991 hierher gezogen ist, einige Monate nach meinem ersten Besuch. Wir haben einige Jahre lang zusammengearbeitet. Er kam aus dem Umfeld von Tissier und wußte genau,

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