Tierarzt Uwe Götze

Heute sitze ich bei dem Tierarzt Uwe Götze, in seiner mittlerweile geleerten Tierpraxis in Lehen, einem Vorort, der erst 1971 durch einen Volksentscheid seiner Eingemeindung zu Freiburg zustimmte …


Uwe während unsere Gespräches in seiner Praxis,2009

Heute sitze ich bei dem Tierarzt Uwe Götze, in seiner mittlerweile geleerten Tierpraxis in Lehen, einem Vorort, der erst 1971 durch einen Volksentscheid seiner Eingemeindung zu Freiburg zustimmte. Dieser kleine Landschaftsfleck birgt sicherlich viel Geschichte, da umgeben von Lehm, welches z. B. die Römer für ihre Geschirre benötigten… – auch Wärme war für die Römer ein Lebenselixier, welches in der sonnenverwöhnten deutschen Südwest-Ecke fast Garant ist.



Uwe Götze machte seine ersten Aikidoschritte nicht in Freiburg, auch ist er kein „Badischer“, was am nicht vorhandenem Dialekt sofort erkennbar ist.
In Gießen, welches im Hessischen liegt, hatte man sich um den „besten Asaischüler“ Gerhard (Gerd) Walter bemüht – Gerd kam dem nur all zu gerne nach, so entstand dort eine Aikidogruppe. Es gab noch keine Kyu-graduierten, geschweige denn Danträger. Dort schnupperte Uwe „am Aikido“ – zuvor hatte er schon Taekwondo [Tae = Fuß, Kwon= Faust] praktiziert, doch das lag ihm nicht so sehr. Gerhard Walter war „schon“ 2. Dan – was damals einem Himmelssturm gleich kam. Hier in Gießen trainierte der Student anderthalb Jahre, weilte aber in den Semesterferien mindestens ein Woche in Berlin bei Gerd auf der Matte. Die Sommer- und sonstigen Lehrgänge vertieften sein Verständnis für diese uns noch „fremden“ Bewegungen erheblich – erheblich mehr, als ein „normales Trainieren“ so zwei oder dreimal pro Woche. Uwe entschied dann, sich dem Meister von Gerd anzuschließen, und er wurde Aikikaimitglied unter Katsuaki Asai.
„Obwohl es natürlich immer reizvoll war, nach Berlin ins Dojo am Mehringdamm 57 zu fahren“, sagt Uwe Götze, „Berlin war eben schon immer eine Reise wert – die Atmosphäre im Dojo von Gerd war, ohne Einschränkung schon sehr interessant. Für mich war es der Unterschied zwischen Künstler und Kunsthandwerker. Ich konnte bei Meister Asai besser schauen, bei Gerd Walter war es eher ein Schritt zu weit ins Unbegreifbare – nicht dass ich seine Technik herabsetzen möchte, nein, die war schon damals sehr gut. Was Gerd vermitteln konnte, war eher ein unglaubliches Maß, an sich selbst zu glauben. Ich aber konnte bei Meister Asai deutlich besser, systematischer lernen, was das ABC der Bewegung ist – Meister Asai ist ein Aikidolehrer, der extrem auf die Form achtet – die Formen sind bei ihm sehr klar, sehr präzise. Diese haben sich im Laufe der Jahre zwar auch einwenig gewandelt, aber man kann sich darauf verlassen, dass sie klar sind und auch so beurteilt werden.
Bei Gerd Walter dagegen war es immer fließend, weil er immer an irgend etwas am Arbeiten war – für mich als Anfänger auf jeden Fall schwieriger zu verstehen.
Aber nach einigen Jahren des Übens, kam für mich der Wunsch nach mehr. Deshalb ging ich nach meinem Studium – die Prüfungen standen noch aus – für gut zwei Jahre nach Düsseldorf. So konnte ich täglich meine drei Stunden trainieren – was vieles vertiefte; was meinen Lebensrhythmus beeinflusste; was mich viele Jahre begleitete, mitlief und veränderte.“

Nach einem Schluck Tee und einer kleinen Pause fährt Uwe fort: „Mein Lebensweg führte mich dann weiter, für eine kurz Periode nach Frankfurt, dann weiter nach Freiburg. Hier gründete ich dann später, vor jetzt 19 Jahren einen eigenen Verein.“ – Im alten Verein fächerte sich die Vielschichtigkeit des Aikidostil auf und man trennte sich im gegenseitigen Einvernehmen.
Auf meine Frage, warum der Name „Aikido und Bewegung“, erhalte ich die Antwort, „Dies lag daran, dass wir uns damals umschauten, unser Motto war: was gibt es noch – eine Schülerin hatte die Feldenkraisausbildung, so gab sie auch diese Kurse, früher mehr, jetzt weniger; und auch Yoga etc.. Ich nahm an den Feldenkraiskursen teil, mit der erstaunlichen Erkenntnis – dass ich mit Ende 30 eine vollkommen neue Beweglichkeit erfuhr. Was durch Yoga und Aikidogymnastik nie möglich gewesen wäre – das Auflösen der normalen Bewegungsmuster durch das Feldenkrais, mit der Erweiterung, der Bildung neuer Bewegungsmuster. Nie hätte ich an die Möglichkeit geglaubt, dass der Körper innerhalb von ein bis zwei Jahren eine völlig neue Beweglichkeit erfährt – die ich mit über 10 Jahren Yoga und Aikido nicht hinbekommen habe. Damals war der Einfluss sehr stark, da ich aber nach und nach auch andere Aktivitäten hatte, verringerte sich dies leider.
Anderseits machen wir noch heute, z. B. anlässlich zu Feiertagen es so, dass wir ganz andere Disziplinen einladen um den Tunnelblick Aikido einwenig zu weiten – mal weg vom Aikido, andere Ziele zu erfahren, andere Bewegungen zu fühlen. So versuchen wir Raum zu finden, nicht nur für Aikido – was letztendlich die Entwicklung zu lässt.“

Ist über all die Jahre die Orientierung an Meister Asai geblieben, möchte ich gerne wissen. Uwe ist zögerlich, und sagt dann: „Man braucht einen Lehrer und einen Stil an dem man sich „abarbeiten“ kann. Auch ist es ungeheuer wichtig, dass man sich herausfordern lässt. Es muss auch eine Ebene geben um zu kontrollieren, wer wo steht, denn wenn meine Schüler in eine Prüfung gehen, dann muss klar sein, dies ist eine Prüfung nach ‚einem’ System. Das System ist bei uns das von Meister Asai gelehrte.
Ich selbst besuche auch seit einigen Jahren, meist zwei Mal im Jahr Tissier – allein, um wieder einmal aus einem anderen Winkel heraus zu schauen. Genau so besuchte ich früher Ikeda aus der Schweiz, auch um anders schauen zu können – denn wenn ich nur zu Meister Asai gehe, dann habe ich auch beim Sehen nur gelernt, wie Meister Asai, die Bewegung umsetzt.
Mein Aikido orientiert sich sehr an der Form von Meister Asai, mein Umsetzen, mein Verstehen aber ist durch mehrere Komponenten beeinflusst. – So sehe ich z. B. die technischen Erklärungen von Tissier klarer vermittelt, somit auch besser aufnehmbar. Dies umzusetzen ist dann wohl meine Individualität, mein Aikido.

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