Liebe Leserinnen und Leser,

 

am vorletzten Tag des Lehrgangs hatte Alain keine Lust auf das Abendtraining – andere hatten Angst vor dem Gewitter (das aber nicht kam) – so wurde ich zu einem Bier (Jupiter nennt sich diese Flüssigkeit) eingeladen. Unser Gesprächsthema war natürlich das Nachmittag-Training mit 50 Kindern, was in dem nicht allzu großen Saal in Valgorge alles andere als einfach zu bewerkstelligen ist. Das zweite Thema war die Qualität der Flüssigkeit Jupiter – das möchte ich hier aber nicht weiter ausführen.

Dann fragte mich Alain, ob ich das Paar, links neben uns – zirka 30-35 Jahre mit dem Kind –  gesehen hätte. Was ich ‚kopfschüttelnd’ bejahrte, weil mir auch aufgefallen war, dass beide zwar an einem Tisch zusammen, aber jeder vertieft in sein eigenes Handy dort saß – und das nicht nur kurzzeitig. Ein kleines Gerät – Telefon – regelt das Leben! IPhone, Handy oder wie auch immer diese Geräte heißen mögen, sind für die Kommunikation geschaffen worden  – aber die Kommunikation findet nicht mehr statt – außer dem Austausch von SMS, hauptsächlich aber E-Mail … Eine weitere Verarmung.
Bei Jugendlichen stellt man fest, dass sie keine Hobbys mehr haben, weil wegen der sogenannten „Sozialen-Netzwerke“ dazu keine Zeit mehr bleibt. So wird die Bewegung, die körperliche Tätigkeit zu einem im Neudeutschen genannten No-Go. Aber immerhin rauchen Jugendliche wegen der Handy weniger!


Als ich noch aktiv trainierte – es ist nun fast 15 Jahre her, seit Februar bin ich aber wieder auf der Tatami zu finden – fiel mir schon auf, dass in der Gruppe von Tamura Sensei die Jugendlichen »perdu« waren. Die jungen Menschen, die die martialischen Kampfkünste suchten, hatten sicherlich andere Vorstellungen von einem solchen Training, als das, was in der FFAB praktisch »ablief«. Es wurde sehr viel statisch »gearbeitet«, was oft ob der Massen, die die Lehrgänge besuchten, ein Muss war. Raumgreifende Techniken glichen das Statische aus, zumal diese in Gruppen praktiziert wurden. Gerne aber sprach man von dem kraftlosen Arbeiten, oder der inneren Arbeit etc. – ein Suchen, Spirituelles. Definitionen die alles bedeuten können. Für einen jungen Menschen, der in seiner »Sturm- und Drang Zeit« sich einer martialischen Kampfkunst zuwenden will, sucht nun mal Bewegung und setzt Schwitzen einem guten Training gleich. Es ist ein Alter in dem ein jeder seine Orientierung sucht. Die Ideale, die der Heranwachsende in seiner hormonellen Umstellung erwirbt will er auch verwirklicht sehen – ohne wenn und aber.

Dass in diesen Orientierungsphasen oft auch Identifizierung ja auch fanatische Lebensumstellungen stattfinden, in dem sich der suchende Mensch einen Raum schaffen will, um seine Stellung zu finden, treibt ihn zu Erfüllung des Ideals quasi in einem Ranking-System voran. Er katapultiert sich auf dem sich immer weiter steigernden Weg. Die Baustelle im Kopf – die Hormonumstellungen – kann noch keinen Halt, keine Leitlinie anbieten. Derzeit kann man in den Europäischen Ländern verfolgen, dass kulturabhängige Syndrome junge Menschen, mit »friedensbringender Religion« beeinflussen. Dieser, für die westliche Welt, neue »Friedensweg«, ist auf Grund seiner Endstufe, die angeblich mit der Belohnung von vielen Jungfrauen gekürt sein soll, nicht wirklich befriedigend, friedlich schon gar nicht. Diese kulturellen Traditionen, die den jungen Männern keinen Ausweg aus ihren dissoziativen Störungen lassen, werden durch ein tiefes Bildungsniveau und Glaube aufrecht erhalten und zelebriert – in jüngster Zeit spielt der Glaube eine geringere Rolle, die jungen Menschen werden mit Heroisierung und Rache gegenüber einem polytheistischen Westen „beeinflusst“. Da keine Aufklärung stattfindet, können weiterhin Worte missbraucht werden um einen alten Menschheitstraum –  die Macht – zu verwirklichen. Diese Idealitätskrankheit, die Suche nach Glauben, Wahrheit und vor allen Liebe, kann nicht mit religiösen Wirrwarr an Versen und Geboten – wie es sich permanent zeigt – geheilt werden. Auch ist es keine Aufgabe der westlichen Welt, dies zu tun. Nur hat man verpasst das Dilemma zu erkennen.
Die Kuschel-Multikulturelle-Mentalität hat zu einer sozialen Inhomogentität geführt, die eine „zart gewachsene“ Regelkonformität der  europäischen Gesellschaften unterläuft.


Wir wünschen einen guten Start nach den Ferien …



    Die  Mannschaft und Ihr
Horst Schwickerath

 

 

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