Japan beginnt an der Ostsee

Die Keramik des Jan Kollwitz - Buchbesprechung von Gudrun Beulshausen


Glühender Tee-Becher während des Branndes.

Zuerst fällt das ungewöhnliche Format dieses Buches auf, fast quadratisch, vielleicht ist das den ebenso beeindruckenden wie stimmungsvollen Fotos von Götz Wrage geschuldet. Teils ganzseitig sind auf starkem Seidenmattpapier die Keramiken, Wohn und Arbeitsräume, Technikabläufe und natürlich der Anagama-Ofen sehr anschaulich in Szene gesetzt.
Im ersten Teil des Buches erfährt der Leser unter anderem Geschichtliches über die Entwicklung der japanischen (Tee)-Keramik, die Teezeremonie und Mystik, Einfluss der Industrialisierung auf das Handwerk und über die Chancen der Traditionen. Die Absichtslosigkeit (und die Schwierigkeit diese zu erreichen) und Leere als Voraussetzung für das künstlerische Schaffen ist Thema, wie auch das Phänomen von Wabi und Sabi.
Keramiken sind umgeformte Leere.
In einem Interview erzählt dann Jan Kollwitz dem Autor Christoph Peters was ihn bewogen hat, die japanische Keramik, mit allen Konsequenzen auch für die eigene Lebensführung, zu erlernen: Von den Schwierigkeiten überhaupt Kontakt zu einem Japanischen Meister zu bekommen, die Unterordnung an eine strenge Hierarchie , die Versuche die Japaner zu verstehen (nicht nur sprachlich), das Weichkneten im übertragenem und praktischem Sinne, dem ersten Erfolg nach vielleicht 10000 Versuchen und letztendlich die einmalige Chance einen eigenen Holzbrandofen in Deutschland gebaut zu bekommen. Aber einen diesmal absichtlich schwierigen Ofen…
Aus Wikipedia
Anagama-Ofen
Anagama (jap. 穴窯, dt. Tunnelofen)[1] sind aus dem ostasiatischen Altertum stammende, liegende Einkammer-Öfen (meistens in einen Hang gebaut), die für das Brennen von Töpferei-Produkten verwendet werden. Ein Anagama wird mit Holz befeuert. Es können Temperaturen bis 1.400 °C erreicht werden. Jan Kollwitz schreibt dazu: „Die Farben auf den Keramiken entstehen durch das Brennen. Es werden keine Glasuren aufgetragen, sondern die Stücke werden den Flammen, dem Rauch, der Glutkohle und der Flugasche ausgesetzt. So entstehen rote und graue, zum Teil blauviolette Färbungen. Die Asche des verbrennenden Holzes wirbelt durch den Ofen und legt sich als feiner Staub über die Keramiken, welcher bei Temperaturen oberhalb von 1.250 °C mit der Tonoberfläche zu einem Glas verschmilzt. Diese natürlich entstehende Flugascheglasur variiert je nach Standort des Gefäßes in Ofen von einem matten ockerfarbenen Anflug bis zu einem tiefgrünen klaren Glasfluß.“[2]
Jan Kollwitz Ofen wird in der traditionellen Iga-Technik vier Tage und Nächte lang gebrannt, alle drei Minuten wird Kiefernholz (insgesamt ca. 20m3) in den Ofen geworfen. Sieben Tage lang kühlt der Ofen ab. Flammen, Rauch und Flugasche haben ihre Spuren auf den Stücken hinterlassen. Aus
Asche und Ton sind bei 1300°C Glasuren entstanden, jedes Stück ist ein Unikat.
Auf dem Scheitel des Ofens steht traditionell ein Schälchen mit Salz, Reis und Sake für den Geist der ihn bewohnt
1986 wird der 1960 in Berlin geborene Jan Kollwitz, nach der Ausbildung bei Horst Kerstan, für 2 Jahre Schüler von Yutaka Nakamura in Echizen (Japan).
Ab 1987 gibt es einenAustausch mit Kazu Yamada, der ihm den Bau eines Holzofens in Deutschland nahe legt. Treibende Kraft dieses Angebots war der verstorbene Meister Tokuro Kato von Kazu Yamanda; Kato sah das künstlerische Schaffen in einem globalen Zusammenhang und so sollte die Technik der japanischen Holzbrandkeramik nach Europa gehen, als eine Art kultureller Impuls. In Deutschland sah Tokuro Kato einen geeigneten Ort für dieses Grenz- und Kultur überschreitendes Unternehmen.
1988 dann Bau des Anagama-Holzbrandofens durch Tatsuo Watanabe in Cismar.
Seit 1990 diverse Ausstellungen, Stipendien und Preise im In-und Ausland.
Besucher werden in dem alten Pastorats in Cismar von Jan Kollwitz mit ruhiger Freundlichkeit begrüßt, die einfache, zweckmäßige und zeitlos schöne Einrichtung lädt zum Verweilen ein und wenn es die Zeit erlaubt kann der Holzbrandofen besichtigt werden.
AJ


Das Buch kann direkt bei Jan Kollwitz bestellt werden:
Preis 19,90 + 3,00 Euro Versand
zu beziehen bei: Jan Kollwitz ,
Bäderstraße 23, 23743 Cismar
jan.kollwitz@t-online.de

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